Europa 2020: LSBTIQ*-freie Zonen und Missachtung der Menschenrechte!
Die aktuelle Lage in Polen und Ungarn lässt aufhorchen. Nicht nur, dass in beiden Ländern gegen Menschenrechte verstoßen wird, sie widersetzen sich auch der geltenden rechtlichen Grundlagen der Europäischen Union.
Der CSD Deutschland e.V. als Dachverband der 80 CSD’s in Deutschland sieht sich alarmiert von der Entwicklung in Polen und Ungarn, die unsere Community direkt betrifft.
Wir sind ebenfalls betroffen über diese Verschärfung der Lebensumstände unserer Freundinnen und Freunden in Polen und Ungarn und fragen uns, wie dieses menschenrechtsverletzende Vorgehen in einem EU-Mitgliedsstaat möglich ist.
Die Situation von LSBTIQ* in Polen ist insbesondere vor dem Hintergrund der Beschlüsse einer ganzen Reihe von Kommunal- und Regionalverwaltungen v.a. im Südosten Polens zu sogenannten „LSBTIQ*-Ideologie freien Zonen“ oder zur sogenannten „Kommunalen Charta für Rechte der Familien“ bedenklich. Derzeit sind 89 derartige Beschlüsse bekannt.
In Zeit der Covid-Pandemie müssen wir unsere Aufmerksamkeit verdoppeln, denn es sind immer die Rechte von Minderheiten, die in Krisenzeiten als erste vernachlässigt werden.
Die ungarische Regierung will in offiziellen Dokumenten für trans* Menschen demnächst nur noch das „Geschlecht bei Geburt“ erfassen lassen. Sie möchte einen Gesetzesentwurf verabschieden, der ungarischen Trans* Menschen verbietet, ihren Namen und ihren Personenstand offiziell zu ändern.
Damit würde es künftig in Ungarn nicht mehr möglich sein, das rechtliches Geschlecht zu ändern. Der Gesetzesvorschlag ignoriert internationale Menschenrechtsprinzipien und auch das ungarische Verfassungsgericht.
Im Dezember 2015 hat die Europäische Kommission eine Maßnahmenliste zur Förderung der Gleichstellung von LSBTIQ* vorgelegt. Der Rat der Europäischen Union hat in seinen Schlussfolgerungen von Juni 2016 die Mitgliedsstaaten ersucht Maßnahmen zu ergreifen, um die Diskriminierung aus Gründen der sexuellen Ausrichtung und der Geschlechtsidentität zu bekämpfen und gleichzeitig die EU-Kommission verpflichtet, jährlich über die Fortschritte bei der Förderung der Gleichstellung von LGBTIQ* zu berichten.
Das Europäische Parlament verurteilte die genannten Beschlüsse zu „LSBTIQ*-freien Zonen“ in Polen in einer Entschließung vom 18. Dezember 2019 scharf und hat Polen aufgefordert, diese zurückzuziehen, da sie den europäischen Werten der Toleranz und Solidarität diametral entgegenstehen. Von der Kommissionspräsidentin Frau von der Leyen hört man zu Ungarn und Polen nur zaghafte Worte und auch nur im Zusammenhang zur Corona-Krise.
Geschlechtliche Vielfalt ist ein Menschenrecht und muss vor nachhaltigen Eingriffen durch einzelne Staaten wie Ungarn und Polen geschützt werden!
Die EU muss endlich Haltung zeigen und es müssen spürbare Konsequenzen folgen!
Es darf nicht sein, dass fundamentalistische religiöse Gruppen, Antifeministinnen und populistische Kreise des rechten Randes diese Thematik besetzen und deren Vorurteile zur Norm werden!
Was wir tun können, ist Solidarität bekunden, lauter werden und uns für mehr Sichtbarkeit und Akzeptanz und für ein modernes Selbstbestimmungsgesetz einsetzen.
Wir werden dies mit all unseren Mitteln und der Hilfe der Stadt Bielefeld auch weiterhin verfolgen und unterstützen.